Audiolabor

Noise | das andere

Vorläufiger Seminarplan

Felix Raeithel (felix.raeithel@hfbk-hamburg.de) David Wallraf (npunkt-0@web.de)

Noisexistance ist ein Festivalkongress, d.h. Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, Theorie und Praxis des Noise (Vorträge und Diskussionsrunden ebenso wie Konzerte, Performances und Workshops) zu verbinden oder gleichwertig stattfinden zu lassen. Für die nächste Ausgabe des Festivals im April 2020 wird an der HFBK über ein Semester ein Seminar angeboten, in dem Studierende eigene künstlerische Arbeiten in Bezug auf Noise entwickeln können. Das Seminar soll eine ähnliche Verbindung von Theorie und Praxis realisieren. Ziel für die Studierenden ist es, im Verlauf der Veranstaltung eigene Konzepte für ein oder mehrere Konzerte/Performances zu entwickeln, die dann während des Festivals auf Kampnagel (03.04.-04.04.2020) zur Aufführung kommen werden. Diese Konzepte sollen sich aus einer gemeinsamen Auseinandersetzung mit Noise-Theorie entwickeln, die künstlerischen Herangehensweisen werden im Seminar kollektiv diskutiert und technisch betreut. Bezugspunkte für die Theoriearbeit sind der Text Grenzen des Hörens, Noise und die Akustik des Politischen von David Wallraf, Auszüge aus den bisher zu Noise erschienenen Büchern aus dem (hauptsächlich) angloamerikanischen Sprachraum (siehe Lektüreliste) und die Fragen, die sich aus der Gegenüberstellung von Noise und dem Anderen ergeben. Der Fokus des Projekts richtet sich, analog zu der Ausrichtung des Festivals, auf Noise als das Andere: Es ist immer da, wo man sich gerade nicht selbst befindet. Das Andere ist nicht das Selbe, es dient nicht der Identifikation. Es stellt jene Abweichung von der Norm dar, ohne die Normalität nicht denkbar ist. Das Andere ist durch seine Nähe zum Fremden, dem Außen und dem Unheimlichen charakterisiert und gerade dadurch gibt es dem Identischen seine Kontur, es ermöglicht seine Unterscheidbarkeit.

Als Noise wird eine audioästhetische Praxis bezeichnet, die sich jenseits des Musikalischen bewegt und als sein Anderes auftritt. Noise hat im Lauf seiner Entwicklung allerdings Formen hervorgebracht, die nach den Regeln von Genres und Stilen funktionieren, die also Organisationsformen des Ästhetischen umreißen, die mit sich selbst identisch sind. In den vielfältigen Relationen von Noise und Musik erscheinen immer wieder Formen, die die Unterscheidung von Identität und Alterität, vom Selben und vom Anderen, von Normalität und Fremdheit erschweren, unklar machen und in Bewegung versetzen. Mit seiner Tendenz zur Verflüssigung starrer Strukturen und dem Drang, ständig neue Hybridformen zu produzieren, besetzt Noise in den aktuellen ästhetischen Diskursen einen wichtigen Ort. Von hier aus lässt sich das Fremde, Andere und Abweichende befragen, zur Geltung bringen und in verschiedenen Konstellationen zu Gehör bringen – wobei Noise immer auch die Abweichung von der eigenen kanonisierten Form beinhaltet.

Möglicher Aufbau: Die Sitzungen werden in zwei einstündige Blöcke geteilt, in der ersten Hälfte werden Texte gelesen und diskutiert, in der zweiten die künstlerischen Arbeiten besprochen.

23.10.2019 – Erste Sitzung, Vorstellungsrunde und Orientierung
30.10.2019 – Noise als Begriff: Lärm, Geräusch, Rauschen und Störung.
06.11.2019 – Noise in der Akustik
13.11.2019 – Noise in der Informationstheorie
20.11.2019 – Noise und Musik
27.11.2019 – Noise als Genre: das Ende der Musik?
04.12.2019 – Noise und Technologie: die Heimsuchung der Maschinen
11.12.2019 – Noise | das Andere: Identität und Alterität
18.12.2019 – Noise und Politik I: das Ausgeschlossene
08.01.2020 – Noise und Politik II: Die Überschreitung
15.01.2020 – Noise und Sound: die Strukturierung akustischer Umwelt
22.01.2020 – noch offen
29.01.2020 – noch offen
05.02.2020 – Abschlussveranstaltung, Scheinvergabe und Ausblick